14. Juni 2023

Am 14. Juni 2019 haben wir gesehen, wie tief und breit die Widerspruchsfronten der Frauen und genderqueeren Personen mit dem System sind. Es war ein historischer Aufbruch. Widersprüche wurden sichtbar gemacht und dies bedeutete auch, dass breite Diskussionen innerhalb der antikapitalistischen feministischen Bewegung aufgekommen sind. Mit intensiven Debatten und Diskussionen, sowie durch die vielen gemeinsamen Momente hat sich dieser Aufbruch seither vertieft.

Die feministische Bewegung ist so vielfältig wie die Probleme der kapitalistischen Moderne, könnte man salopp sagen. Dementsprechend vielfältig sind die Antworten der FLINTAQs (Frauen, Lesben, inter, non-binäre, trans, agender und genderqueere Personen) auf ihre Situationen. Doch es gibt zwei Dinge, die diese Bewegung vereint. Der Aufbruch seit 2019 ist ein internationalistischer und ein antikapitalistischer.

Im Iran, in Lateinamerika, in den Philippinen, in Palästina und Kurdistan, um nur ein paar grosse Bewegungen aufzuzählen, sind Frauen und genderqueere Personen im Widerstand. Zürich ist kein Phänomen, sondern es gibt aus einer kämpferischen feministischen Perspektive heraus eine weltweite Kritik an dem kapitalistischen System und den gesellschaftlichen Verhältnissen. In diese internationale Kraft reiht sich die Streikbewegung 2019 ein. Mit diesem Bewusstsein streiken wir.

Viele junge Menschen haben sich seit 2019 organisiert und damit begonnen, eine Systemkritik zu formulieren und auf unterschiedlichste Weisen ihre kämpferische Lebensweise ins Zentrum zu stellen. 2019 hat für viele junge FLINTAQs eine enorm politisierende Wirkung gezeigt. Dabei ist erstens ein grosses Bewusstsein entstanden, dass Antikapitalismus die Antwort auf Heteronormativität und Lohnungleichheit ist. Und zweitens ist die Erfahrung gewachsen, dass es gegen die systematische Gewalt, sei dies am Arbeitsplatz, Zuhause oder sonst wo, praktische Antworten gibt. Auf dieser Erfahrung wird der Widerstand wachsen.

Das Revolutionäre Streikkollektiv Zürich ist Teil des grossen feministischen Streikkollektivs. Unsere Perspektive ist eine internationalistische, antikapitalistische und feministische. Wir sind Revolutionär:innen, das heisst Gleichstellung oder mehr Lohn sind für uns nicht eigentliches Ziel des Streiks. Das Ziel des Streiks ist es, eine feministische Bewegung, welche gesamtgesellschaftliche Veränderung anstrebt, zu stärken. Mit militanten Mitteln, wie Besetzungen oder Sabotage wählen wir Kampfformen, welche den Bruch zum bürgerlichen Staat zum Ausdruck bringen. Wir sehen in den Betriebskämpfen am 14. Juni ein wichtiges kämpferisches Moment, das wir unterstützen. Der Widerspruch von bezahlter und unbezahlter Care-Arbeit ist ein Kampffeld, das ins Herz der antikapitalistischen Systemkritik trifft. Deshalb skandieren wir am 14. Juni 2023: «Im Betrieb organisieren, Care-Arbeit kollektivieren!»

Die grosse Stärke und Besonderheit des Zürcher Streikkollektivs ist, dass wir unterschiedliche Meinungen und Interessen zulassen. Wir haben an den Vernetzungstreffen dafür gekämpft, dass die Breite der Bewegung, wie sie 2019 entstanden ist, erhalten bleibt und dass wir trotz unterschiedlicher Auffassungen zusammenarbeiten können. Spaltungen gab es keine gewichtigen. Es gibt eine grosse Vielfalt. Wir denken allerdings, dass Widersprüche immer Ausdruck der materiellen Verhältnisse sind. Wenn wir diese verstehen, lernen wir mit den Widersprüchen innerhalb der Bewegung umzugehen. Im feministischen Kollektiv arbeiten wir deshalb mit vielen anderen Gruppen und Kollektiven, sowie unorganisierten Einzelpersonen eng zusammen. 

Schliesslich ist die Streikbewegung nicht nur am 14. Juni auf der Strasse. Auch die alljährliche, unbewilligte Demo am internationalen Frauenkampftag, am 8. März, sowie die FLINTAQ-Mobilisierung am 25. November, am Tag gegen Gewalt an FLINTAQs sind seit 2019 stetig gewachsen.

9. Juni 2023, Revolutionäres Streikkollektiv Zürich